Bannerbild | zur StartseiteBannerbild | zur Startseite

Vogelschutzverein
Kefenrod  e.V

Link zur Seite versenden   Druckansicht öffnen
 

Baum 2016

Die Winter-Linde / Tilia cordata (Miller, 1768)

 

Charakteristika, Erkennungsmerkmale
Zunächst vorweg: zu den Linden bzw. zur Winter-Linde könnte ich auf Anhieb so viel schreiben, dass das ein Buch würde. So viel wollen Sie jetzt aber gar nicht lesen, daher suche ich nachfolgend das Wichtigste, Interessanteste und Schönste heraus – wie jedes Jahr.

 

Winter-Linde, Naturdenkmal bei Riesa / Foto: A.Roloff

 

Fangen wir mit dem Habitus an: da er bei den Linden mit der Blattform übereinstimmt und einem Herz ähnelt (die Spitze oben), hat sie dies in der Vergangenheit und Mythologie zum Baum der Liebe/nden gemacht. Das macht sie schonmal so besonders und sympathisch. Daran kann man allerdings Winter- und Sommer-Linde nicht unterscheiden, denn das gilt für beide gleichermaßen. Unterschiede und die Art erkennen Sie dann bei genauerem Hinsehen, dafür hier gleich eine Tabelle, damit es übersichtlich bleibt:

 

Baum2016 Winter-/Sommer-Linde, Tabelle / ©: Dr. Silvius Wodarz Stiftung

Winter-/Sommer-Linde, Tabelle / ©: Dr. Silvius Wodarz Stiftung

 

Nach meiner Erfahrung sind die wichtigsten/hilfreichsten Unterscheidungsmerkmale die kahlen Triebe und Blattstiele sowie die Blüten-/Fruchtzahl (5-12) und die zerdrückbaren Früchte. Zwischen beiden Linden gibt es auch einen Kreuzungsbastard, dessen Merkmale variabel zwischen beiden Eltern stehen. Diese Holländische Linde ist in Sorten (z.B. "Kaiser-Linde") einer der beliebtesten gepflanzten Stadt- und Straßenbäume und daher in der Stadt häufiger zu finden. Von Natur aus kreuzen sich beide Mutterarten kaum wegen des um 2 Wochen unterschiedlichen Blütezeitraums. Bei meiner Recherche nach Winterlinden-Naturdenkmalen war es leider so, dass sich von 9 aufgesuchten Exemplaren 3 als Sommer-Linden herausstellten. Auch in einigen Baumbüchern über besonders alte und dicke Bäume wird z.T. nicht die Art benannt, sondern nur von der Linde geschrieben. Dabei sind sie nicht so schwierig zu unterscheiden (s. oben). Und genau dafür ist der Baum des Jahres ja auch da: um die Artenkenntnisse von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu verbessern! Hoffen wir also dass dieses Ziel auch 2016 erreicht wird.

 

Herbstfärbung, Wipfeltriebe
Die Herbstfärbung der Winter-Linde kann sich sehen lassen: goldgelb im Oktober, was will man mehr? Die Wipfeltriebe der Linden wachsen zunächst (wie bei der Buche) waagerecht und richten sich erst im folgenden Herbst auf – wenn der Baum ausreichend Licht erhält. Dies weist bereits auf die hohe Schattentoleranz hin, denn das zunächst horizontale Wachstum verhindert die gegenseitige Beschattung der Blätter am selben Jahrestrieb. Zudem sind bei den Linden die schwingenden, hängenden Seitenäste im unteren Kronenbereich charakteristisch und schön anzusehen, sie geben der Krone "Schwung" und werden Schleppen genannt.

 

Blüten der Winter-Linde / Foto: A.Roloff

 

Rinde
Die Rinde entwickelt sich zu einer ausgeprägten Netzborke, wobei Sie bei genauerer Betrachtung aufregende Strukturen finden können: an älteren Bäumen gibt es oft turbulente Bereiche, in denen die Dynamik des Stammdickenwachstum sehr schön sichtbar wird. Denn der Stamm kann bei den Linden bis zu 6 m dick werden, das hatten wir noch nie bei den Bäumen des Jahres. Dabei wird die Sommer-Linde allerdings meistens noch dicker als die Winter-Linde: so sind auch die dicksten Linden Deutschlands alle Sommer-Linden, z.B. das Riesenexemplar in Heede im Emsland mit 18 m Stammumfang. Die stärkste mir persönlich bekannte Winter-Linde hat einen Stammumfang von 9,10 m (in 1,3 m Höhe, sog. BHU = Brusthöhenumfang) und steht bei Rochlitz/Mittelsachsen. Kennen Sie noch eine dickere? Dann bitte unbedingt melden an www.baum-des-jahres.de, wir freuen uns!

 

Stammknollen
Beim Umfangmessen machen die häufigen Stammknollen der Linden oft Probleme, sie erhöhen natürlich das Messergebnis, was sich aber nicht ändern lässt. (Wir messen ja bei unserem Bauch- oder Brustumfang auch "alles mit", hilft ja nix… ☺ ) Diese Maserknollen am Stamm vieler Linden entstehen um frühere Astansätze herum, indem dort kleinräumige Zuwachssteigerungen stattfinden. Oft ist dies verbunden mit dem Austreiben zahlreicher schlafender Knospen, so dass es an diesen Knollen auch zu dichten Zweigbüscheln kommt.

Wird die Winter-Linde abgesägt, treibt sie sofort wieder intensiv aus dem Stock oder Stamm aus. Dieser ausgeprägte Überlebenswillen trägt sicher auch zu ihrem hohen Lebensalter bei.

 

Innenwurzeln
Oft bilden sich im Stamm dickerer Linden Innenwurzeln, die sich vom zersetzenden eigenen Holz des Baumes ernähren – ein bisschen Selbst-Kannibalismus darf mal sein... Sie treten in Erscheinung, wenn der Stamm aufreißt oder hohl wird und können beeindruckende Stärken erreichen. Wenn Sie darauf achten, werden Sie welche finden.

 

Blüten, Früchte, Wurzeln
Oh ja und nun zu den Blüten: sie stehen bei der Winter-Linde zu 5-12 in Trugdolden (sieht aus wie eine Dolde, ist aber keine), sind 5-zählig (mit je 5 gelbgrünen Kelch- und Kronblättern und zahlreichen Staubblättern) und sehen von Nahem chick aus. Sie öffnen sich zu Massen an jedem Baum erst im Juli, bei der Spät-Linde (2. deutscher Name der Winter-Linde) 2 Wochen später als bei der Sommer-Linde. Damit gehören sie zu den Spätblühern. Von denen gibt es nicht allzu viele unter den einheimischen Baumarten, weshalb die Linden bei Imkern und Naturschützern so beliebt sind – Sie kennen und lieben auch wie ich den Lindenblütenhonig, hoffe ich? Was gleich deutlich macht, dass die Bestäubung von Bienen (und Hummeln) übernommen wird. Wenn Linden blühen, müssen Sie das nicht sehen, das können Sie (mit etwas Übung) unverwechselbar auch am Honigduft bis zu 200 m weit riechen. Diesen Duft lieben eigentlich alle Menschen. Es kann große Freude machen, erstens daran zu merken: JETZT blühen die Linden, und zweitens sich dann zu fragen: wo stehen sie? Nach mehrmaliger Suche mit den Augen können Sie es mit verbundenen Augen probieren und werden Erfolg haben – aber Vorsicht, das sollten Sie bitte nicht an einer Straße testen! Dann entwickeln sich als Früchte aus den Blüten kleine gestielte Nüsschen, und das zum Blütenstand gehörige auffällige, längliche Tragblatt fördert die Windverbreitung, bis zu 150 m weit. Die Früchte bleiben lange am Baum hängen (bis in den Winter) und dienen Vögeln und Kleinsäugern als Nahrung.

 

Die Wurzeln entwickeln ein Herzwurzelsystem, passen also in der Gestalt ebenfalls gut zur Krone.

 

Text: Kuratorium Baum des Jahres (gekürzt)

Aktuelles

Nächste Veranstaltungen:

23. 03. 2024 - Uhr

 

Unsere Veranstaltungen im Überblick