Moos 2015
Das Leuchtmoos / Schistostega pennata ((Hedw.) F. Weber & D. Mohr)
Das Leuchtmoos ist sicher eine unserer interessantesten Moosarten, die durch das eigentümliche „Leuchten“ des Protonemas auch die Aufmerksamkeit von Nichtbryologen auf sich zieht.
Leuchtmoos auf den erdigen Fugen der Mauer eines Ziegenstalls (Foto: Julie Steffen)
Aussehen
Das Leuchtmoos wächst in lockeren, blass bläulich grünen Rasen von bis zu 15 mm Höhe. Aus einem ausdauernden, fädig-ästigen Protonema (Vorkeim) erheben sich einzeln die zarten Sprosse. Sie bestehen aus einem farnwedelartigen, unten unbeblätterten, nach oben hin zweizeilig in einer Ebene beblätterten Stämmchen. Somit erinnern die Sprosse einer Feder, was die Namensgebung erklärt (lat. penna = Feder). Die Blättchen sind eiförmig-lanzettlich, zugespitzt, ganz- und flachrandig, ohne Blattrippe und laufen am Stämmchen herab. Die fertilen Sprosse tragen oben eine kleine Rosette aus Blättchen. Die eiförmige bis kugelige kleine Kapsel überragt die Blättchen weit auf einem dünnen und zarten Stiel. Die Art ist sehr typisch und kann allenfalls mit Spaltzahnmoosen (Fissidens) verwechselt werden, deren Blätter aber eine Rippe besitzen und kahnförmig zusammengefaltet sind, wobei die eine Blatthälfte deutlich kürzer als die andere ausgebildet ist.
Vorkommen, Verbreitung und Gefährdung
Das Leuchtmoos besiedelt Erde und Gestein an kalkarmen, sauren, schattigen, luftfeuchten und regengeschützten Stellen unter Felsvorsprüngen oder in Höhlen und Nischen der Felsen, auch unter Wurzeln an den Tellern umgestürzter Bäume. Seltener werden auch Sekundärstandorte mit entsprechenden Bedingungen wie Straßenanschnitte, alte Keller oder Ziegenställe besiedelt. Wichtige Standortfaktoren sind hohe Luftfeuchtigkeit, schwache Belichtung und Schutz vor direkter Beregnung.Die Art ist in der Nordhemisphäre weit verbreitet (Europa, Ostasien, Nordamerika). In Europa ist sie vor allem im westlichen und mittleren Teil verbreitet, kommt aber bis Russland vor. Sie meidet wohl das Mittelmeergebiet. In Mitteleuropa findet sie sich vorwiegend in den silikatischen Mittelgebirgen und in den Zentralalpen. Insgesamt zeigt sie eine subozeanisch-montane Verbreitung.In Deutschland kommt die Art nur im mittel- und süddeutschen Berg- und Hügelland vor, mit einer deutlichen Häufung in den hercynischen Randgebirgen, dem Schwarzwald und dem Pfälzer Wald. Insgesamt wird sie in Deutschland in die Vorwarnliste eingestuft; in den südlichen Bundesländern gilt sie als ungefährdet, während sie in Sachsen als extrem selten (R), in Sachsen-Anhalt als gefährdet (3) und in Mecklenburg-Vorpommern und im Niedersächsischen Flachland als ausgestorben (0) eingestuft wird. Auf der Roten Liste der Schweiz steht sie unter „verletzlich, selten“ (VU D2). In der Roten Liste Österreichs ist die Art nicht aufgeführt. An ihren natürlichen Standorten (Felsen in Waldgebieten) ist die Art wenig gefährdet, in Einzelfällen durch Eingriffe an Höhleneingängen. Da sie recht ausbreitungsfreudig ist und auch Sekundärstandorte besiedelt, ist von einer Gefährdung nur in den dünn besiedelten Randbereichen ihrer Verbreitung auszugehen.
Biologie
Die interessanteste Eigenschaft der Art ist zweifellos das „Leuchten“ ihres Protonemas. Es handelt sich dabei nicht um eine aktive Lichtausstrahlung sondern um ein optisches Phänomen: Das Protonema besteht aus Ketten bzw. Matten kleiner linsenförmiger oder kugeliger Zellen, in denen durch die Krümmung der Zelloberfläche das Licht auf die an der Hinterseite der Zellen konzentrierten Chloroplasten gebündelt wird. Nach dem Durchgang durch die Chloroplasten wird das nicht absorbierte Licht (Grünanteil) wie von einem Hohlspiegel reflektiert, was die intensive goldgrün leuchtende Farbe ergibt. Die Pflanzen sind pseudodiözisch, das heißt getrennte weibliche und männliche Pflanzen entspringen aus demselben Protonema. Die Verbreitung erfolgt durch sexuell gebildete Sporen sowie durch aus dem Protonema entstehende Gemmen.
Parasiten & Medizin
Auf Schistostega pennata sind bisher keine (pilzlichen) Parasiten bekannt geworden. Auch von einer Anwendung der Art in der Medizin ist nichts bekannt.
Text: Wolfgang von Brackel / BLAM