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Vogelschutzverein
Kefenrod  e.V

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Moos 2013

Das Brunnenlebermoos / Marchantia polymorpha (Linnaeus)

 

Das Brunnenlebermoos ist eine unserer auffälligsten Lebermoosarten. Mit seinem bandförmigen, nicht in Stamm und Blättchen gegliederten Lager (= Thallus) kann es große Flächen an feuchten Standorten, etwa am Grund von Mauern oder an Bachrändern, überziehen.

 

Brunnenlebermoos / Foto: BLAM - Wolfgang von Brackel

 

Aussehen

Kennzeichen der Art sind der breit bandförmige, gabelig geteilte, sattgrüne Thallus mit einem mehr oder weniger deutlich ausgebildetem schwarzem Mittelstreifen auf der Oberseite und die rundlichen Brutbecher mit linsenförmigen Brutkörpern. Von dem ähnlichen Kegelkopfmoos (Conocephalum conicum) unterscheidet sich die Art durch den Mittelstreifen und die Brutbecher. Das kleinere Mondbechermoos (Lunularia cruciata) hat halbmondförmige Brutbecher. Die Thallusoberseite ist netzartig gefeldert, innerhalb der Felder kann man schon mit bloßem Auge die kleinen Atemöffnungen als helle Pünktchen erkennen. Auf der Thallusunterseite liegen zwischen den Rhizoiden, mit denen sich die Pflanze an den Boden heftet, in Reihen angeordnete, farblose bis purpurrote Bauchschuppen. Die der sexuellen Vermehrung dienenden Gametangienstände erheben sich wie kleine Schirmchen über den Thallus; die weiblichen sind tief strahlig eingeschnitten, die männlichen scheibenförmig und schwach gelappt. Die Art ist diözisch: weibliche und männliche Gametangienstände kommen auf verschiedenen Pflanzen vor.

 

Verbreitung

Das Brunnenlebermoos ist eine nahezu weltweit verbreitete Art, die sich allerdings in den warmen Gebieten in die Gebirge zurückzieht. In Mitteleuropa ist die Gesamtart häufig und nicht gefährdet.Die Art wird in drei Varietäten (bisweilen als Unterarten oder eigene Arten betrachtet) gegliedert, die sich sowohl morphologisch wie auch standörtlich unterscheiden: Die var. polymorpha mit einem ausgeprägten schwarzen Mittelstreifen kommt hauptsächlich an naturnahen, nassen Standorten von der Hügel- bis in die Bergregion vor (Niedermoore, Bachläufe), die var. ruderalis mit einem nur angedeuteten schwarzen Mittelstreifen vor allem an anthropogenen Standorten wie Pflasterritzen, am Grund von Mauern, in Gärtnereien und Baumschulen oder auch an Brandstellen; sie ist die häufigste Varietät. Die dritte Varietät, var. montivagans (gelegentlich auch als eigene Art, Marchantia alpestris betrachtet) hat keinen gefärbten Mittelstreifen, einen dickeren Thallus und kommt in Quellmooren und auf nasser Erde in höheren Gebirgslagen vor; sie ist in Deutschland rezent nur aus dem Bayerischen Wald und den Alpen bekannt, während sie in Österreich und der Schweiz sicher häufiger ist.

 

Biologie

Interessant ist die Fähigkeit der Art, sich neben der geschlechtlichen Fortpflanzung auch vegetativ zu vermehren. Dies geschieht durch die Bildung von Brutkörpern in auf der Thallusoberfläche liegenden Brutbechern. Die kleinen linsenförmigen Brutkörper werden von Regentropfen aus den Brutbechern geschleudert, wodurch sie einerseits in einer gewissen Entfernung von der Mutterpflanze auf den Boden gelangen, andererseits auch nur bei günstigen (feuchten) Witterungsbedingungen von ihr getrennt werden, was ein Vertrocknen verhindert. Einen ähnlichen Mechanismus finden wir bei einer Gruppe völlig anderer Organismen, den Teuerlingen im Reich der Pilze. Die den Brutkörpern des Brunnenlebermooses so ähnlichen Peridolen sind hier allerdings generativen Ursprungs.

 

Parasiten & Medizin

Das Brunnenlebermoos ist Lebensraum für eine Reihe von parasitischen bzw. parasymbiontischen Pilzarten wie Bryoscyphus atromarginatus, B. marchantiae, Didymosphaeria marchantiae, Octospora ithacaensis oder auch dem Brunnenlebermoos-Nabeling (Gerronema marchantiae). Diese haben es geschafft, die Barriere der verschiedenen fungiziden Substanzen zu überwinden, die von Marchantia polymorpha produziert werden (Plagiochin E, Marchantine u.a.). Diese Fungizide könnten medizinisch von Interesse werden, da sie etwa gegen Candida albicans wirken, der Hautkrankheiten verursachen kann. Als nicht mehr dem Stand der Wissenschaft entsprechend erscheint uns dagegen heute der Einsatz von Marchantia gegen Leberkrankheiten, wie er gemäß der Signaturenlehre üblich war.

 

Text: Wolfgang von Brackel / BLAM

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