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Vogelschutzverein
Kefenrod  e.V

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Baum 2013

Der Wild-Apfel / Malus sylvestris ((Linnaeus) Miller, 1768)

 

Erkennungsmerkmale
Zunächst ist wichtig: Wie erkenne und unterscheide ich einen Wild- von einem Kultur-Apfel? Das funktioniert natürlich heutzutage schnell und sicher mit genetischen Methoden. Aber Sie möchten ja gleich draußen wissen, ob Sie vielleicht die Wildart vor sich haben. Dann sollten Sie auf folgende Merkmale achten (selten alle zutreffend, aber mindestens 5 davon):

  • Früchte kugelförmig und höchstens 3 cm dick, grün oder gelbgrün und ohne rote Backe (höchstens sonnenseitig leicht rötlich gefärbt)

  • Blüten höchstens spärlich behaart

  • die rundlichen bis eiförmigen Blätter kahl (höchstens beim Austrieb oder unterseits an Hauptnerven leicht behaart)

  • Blätter oft mit einseitig verbogenem kleinen, etwas ausgezogenen Blattspitzchen

  • Langtriebe kahl (höchstens beim Austrieb leicht behaart)

  • am Stamm vertrocknete dornenähnliche Triebe vorhanden.

Sie sehen also: Für eine sichere Unterscheidung nach äußeren Merkmalen benötigen Sie Blätter und Blüten/Früchte.

 

Wild-Apfel / Foto: A.Roloff

 

Habitus
Am Habitus eines Apfelbaumes fällt zunächst auf, dass er meist eine breitere als hohe Krone hat und die Zweige seitlich gebogen filigran ausschwingen. Beim Wild-Apfel stehen sie aufrechter, und wenn er sich im Wald oder am Waldrand zum Licht recken muss, entwickelt er schlankere und aufrechtere Kronen als der Kultur-Apfel. Ein Apfelbaum ist etwas ästhetisch sehr Ansprechendes und vor allem zur Blütezeit eine Augenweide.

 

Zweige - auffallend "störrisch"
Die Zweige sind auffallend "störrisch": Versuchen Sie mal, aus Apfelbaumzweigen einen Strauß für eine Vase hinzubekommen – es wird Ihnen nicht oder zumindest nur schwer und erst beim 3. Versuch gelingen, da der Apfelbaum seitlich so dicke, steife Kurztriebketten (mehrere Jahre alte kurze Triebe) entwickelt, dass die sich dann miteinander verhaken und es unmöglich machen, den Strauß zu arrangieren. Diese Kurztriebketten haben die vorübergehende wichtige Aufgabe, neben Blättern vor allem viele Jahre die Blüten und Früchte zu entwickeln. Nach einigen Jahren geraten sie aber zunehmend in den Schatten der außen weiterwachsenden Krone und sterben schließlich ab. Dann bleiben sie vertrocknet an den Ästen oder am Stamm zurück und können sehr unangenehm stechen oder kratzen, wenn man in der Krone etwas sucht, wie z.B. Botaniker es gelegentlich tun – die kommen dann schonmal mit blutigen Schrammen im Gesicht wieder aus dem Baum heraus, wenn sie nicht sehr aufgepasst haben. Dabei hat der Wild-Apfel im Gegensatz zur Wild-Birne keine spitzen Triebdornen, sondern die Kurztriebe haben ein dünnes stumpfes Ende, sie sind aber so steif, dass sie im Gegensatz zu anderen Baumarten beim Berühren nicht abbrechen.

 

Rinde / Stamm/ Höchstalter
Die Rinde des Apfelbaumes ist dick-schuppig, die Borkeschuppen sind unregelmäßiger geformt als beim Birnbaum. Oft erkennt man an den Rindenstrukturen ausgeprägten Drehwuchs des Stammes, und alte Apfelbäume werden schnell hohl.

 

Stammdicke und Alter
Alte Apfelbäume können Stammdicken (Durchmesser in Brusthöhe) von etwas mehr als 50 cm, ausnahmsweise fast einem Meter erreichen – der dickste mir persönlich bekannte Wild-Apfelbaum steht bei der sächsischen Uhrmacherstadt Glashütte und hat 1,10 m Stammstärke, das ist aber etwas ganz Besonderes.Die Baumhöhe erreicht selten 10 m, häufig bleibt der Wild-Apfel auch nur ein Strauch. Das Höchstalter ist wohl etwa 100 Jahre, wegen der hohlen Stämme alter Bäume meist schwer zu ermitteln. Kultur-Äpfel werden nur halb so alt, da die Veredlungsstelle am Stamm die Lebenserwartung etwa halbiert, weil sie ein Hindernis für den Stofftransport im Stamm darstellt. Wild-Äpfel treiben sehr gut aus dem Stock wieder aus, wenn der Baum abgesägt wurde oder abgestorben ist. Nicht ausgeschlossen, dass etliche der heute noch stehenden alten Wild-Äpfel daher bis zu 1.000 Jahre und älter sein können! wenn sie (womöglich mehrmals) aus Stockausschlag stammen. Dann stellt man sich die Frage: was ist eigentlich Alter bei Bäumen?

 

Blüte
Der Höhepunkt im Jahreslauf eines Apfelbaumes ist zweifellos der Blütezeitraum: wer von Ihnen kennt und liebt sie nicht, die angenehm duftenden, beim Aufgehen rot oder rosa leuchtenden Blüten, die sich dann bei voller Blüte aufhellen, z.T. bis zu einem strahlenden Weiß? Der Apfel blüht kurz nach dem Blattaustrieb, i.d.R. Ende April oder Anfang Mai nach den anderen Haupt-Obstbaumarten Zwetschge, Birne und Kirsche, es kann in einzelnen Jahren auch mal gleichzeitig mit Kirsche oder Birne stattfinden. Die Blüte erfasst beim Wild-Apfel nicht jedes Jahr die gesamte Krone, da viele Äste nur alle 2 Jahre blühen und sie sich in der Krone z.T. abwechseln. Durch die Blüte können Ihnen Wild-Äpfel im Wald dann auch auffallen, oft werden sie sogar überhaupt nur dann und dadurch entdeckt, wenn am Waldrand oder im Waldesinneren etwas von weitem plötzlich weiß leuchtet.

 

Früchte / Herbstfärbung / Wurzeln
Die gelblich-grünen Früchte sind im September/Oktober reif und erinnern zwar an Äpfel, sind aber deutlich kleiner und runder als beim Kultur-Apfel sowie frisch ungenießbar herb und hart (daher der zweite deutsche Name Holz-Apfel). Das ist bei der Wild-Birne ja genauso. In gedörrtem oder gekochtem Zustand sind die Holzäpfelchen dann aber schmackhaft und aromatisch. Die Herbstfärbung der Blätter ist gelbbraun bis graugrün, also unauffällig.Die Wurzeln entwickeln ein Herzwurzelsystem bis etwa 1 m Bodentiefe und machen beim Wild-Apfel Wurzelbrut (Schösslinge aus oberflächennahen Wurzeln).

 

Wild-Apfel, Früchte / Foto: A.Roloff

 

Großes Verbreitungsareal – lichtbedürftig

Das natürliche Areal des Wild-Apfels erstreckt sich über fast ganz Europa, bis auf Nordskandinavien, Nordrussland und Teile Spaniens und Griechenlands. Obwohl es ziemlich groß ist, findet man ihn selten, da er so konkurrenzschwach gegenüber anderen Waldbaumarten ist, dass er meist untergeht. Daher begegnet man ihm am ehesten einzeln oder in Kleinstgruppen an Waldrändern und in Ecken des Waldes, die nicht vollflächig bewirtschaftet werden. Was er klimatisch abkann, zeigt z.B. sein natürliches Vorkommen

bis um St. Petersburg. Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland sind heute einige intakte Auenwaldreste (z.B. an Oberrhein und Mittelelbe) und regional im Mittelgebirge (z.B. im Erzgebirge und auf der Schwäbischen Alb).Der Wild-Apfel ist sehr lichtbedürftig, hält im Schatten aber erstaunlich zäh durch – dort blüht er dann jedoch nur noch spärlich. Am wohlsten fühlt er sich daher in Gehölzinseln außerhalb des Waldes, wo er zusammen mit anderen Obstgehölzen und Sträuchern ausreichend Licht erhält. Unter Naturschutz-Gesichtspunkten ist er als hochrangig wertvoll einzustufen, er benötigt zum Erhalt und zu seiner Förderung unbedingt unsere menschliche Hilfe – die wird mit dem Apfeljahr 2013 sicher zunehmen.

 

Holzäpfelchen – Lebensraum
An die Nährstoffe des Bodens hat der Wild-Apfel keine besonderen Ansprüche (im Unterschied zum Kultur-Apfel), auch mit Trockenheit kommt er einigermaßen zurecht; der Kultur-Apfel hingegen benötigt eine bessere Wasserversorgung, denn er soll ja für uns die viel größeren Früchte produzieren – daher ist eines der Hauptanbaugebiete des Kultur-Apfels das Alte Land westlich von Hamburg, elbnah mit hoch anstehendem Grundwasser. Der Wild-Apfel dagegen kommt sogar auf Felsschutt und sonnigen Abhängen vor. Auch Winterfröste bis -25° sind für ihn kein Problem, Spätfröste führen wegen seines späteren Austreibens viel seltener zu Schäden als z.B. bei Kirsche und Nussbaum.

 

Holzäpfelchen
Die Holzäpfelchen sind bei Wild, Kleinsäugetieren und Vögeln beliebt, welche die Samen nach dem Verzehr entfernt vom Mutterbaum absetzen, im Idealfall irgendwo am Waldrand. Die jungen Bäume werden gerne vom Wild verbissen, da sie etwas Besonderes sind. Die Blüten sind eine Bienen- und Hummelweide. Auch für Pilze sind Apfelbäume ein wichtiger Lebensraum, z.B. für den Feuerschwamm und den Zottigen Schillerporling.

 

Holz - beliebt bei Kunsttischlern und Drechslern
Das Holz des Apfelbaumes spielt aufgrund der geringen Mengen und der kurzen, dünnen und krummen Stämme keine Rolle für die wirtschaftliche Nutzung, es ist aber wegen seines rötlich-braunen Kernes bei Kunsttischlern und Drechslern begehrt und gesucht. Es ist hart und schwer, und wurde daher früher z.B. für Zahnräder von Uhren und Holzschrauben verwendet. Das waren noch Zeiten! Neulich wurde ich von einem Fernsehsender gefragt, welches die seltenste Holzart Deutschlands ist – da musste ich erstmal überlegen, und bin dann beim Wild-Apfel gelandet. Das hat mich selbst überrascht, weil es mir so nicht bewusst war. Denn die wenigen Wild-Äpfel, die nutzbare Stammdimensionen erreichen, sind i.d.R. krumm oder faul. Wildapfel-Holz irgendwo zu kaufen oder zu bekommen, ist daher extrem schwierig bis unmöglich.

 

Text: Kuratorium Baum des Jahres (gekürzt)

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